Nike × Off-White: „The Ten“ und das neue Zeitalter der Sneaker-Kollaborationen
2017 war das Jahr, in dem sich die Sneaker-Welt veränderte. Mit der Zusammenarbeit zwischen Nike und Off-White unter Leitung von Virgil Abloh begann ein Kapitel, das bis heute als Wendepunkt für Kollaborationen gilt. Das Projekt hieß schlicht „The Ten“, doch sein Einfluss war monumental. Zehn ikonische Nike-Silhouetten – vom Air Jordan 1 bis zum Air Max 90 – wurden dekonstruiert, neu interpretiert und mit einer radikal ehrlichen Designsprache versehen.
Abloh nannte es „Revealing & Ghosting“: Schuhe wurden aufgeschnitten, Nähte offengelegt, die Struktur sichtbar gemacht. Es war weniger Produktdesign als ein chirurgischer Eingriff – eine Operation am offenen Herzen der Sneaker-Kultur.

Das Konzept: Dekonstruktion als Sprache
Während viele Kollaborationen vor Off-White nur Farbvarianten oder Logos lieferten, schrieb Virgil Abloh die Regeln neu. Mit Kabelbindern, Helvetica-Typografie in Anführungszeichen und bewusst sichtbaren Nähten schuf er eine Bildsprache, die unverkennbar war. „AIR“, „SHOELACES“, „LOGO“ – Wörter, die auf den Schuhen standen, wurden zu Mantras. Abloh selbst sprach von einer „öffentlichen Einladung zum Designprozess“.
„The TEN“
Die Auswahl war bewusst gewählt: Legenden wie der Air Jordan 1 Chicago, der Air Max 97, der Blazer Mid und der Air Presto repräsentierten die DNA von Nike. Abloh teilte sie in zwei Kategorien:
- Revealing: radikal bearbeitet, aufgerissen, fast unvollendet (z. B. Air Jordan 1).
- Ghosting: transparenter, futuristischer Look mit durchscheinenden Materialien (z. B. React Hyperdunk).
Jedes Modell war ein eigenes Kunstwerk – doch gemeinsam erzählten sie eine Geschichte, die Sneaker zu Kulturobjekten erhob.

Der Hype und die Jagd
Wie einst BAPE in den 90ern, lebte auch Nike × Off-White vom Prinzip der Limitierung. Die Schuhe erschienen in extrem kleiner Stückzahl, die Nachfrage explodierte. Innerhalb weniger Stunden war „The Ten“ ausverkauft, und auf dem Resell-Markt erreichten die Preise das Zehnfache des Retail-Werts. Der Air Jordan 1 Chicago gilt heute als einer der einflussreichsten Sneaker aller Zeiten – ein Holy Grail in jeder Sammlung.
Kollabo als Kulturereignis
Abloh verstand Kollaborationen nicht nur als wirtschaftliches Projekt, sondern als kulturelle Geste. „The Ten“ war gleichzeitig Museumsausstellung und Streetwear-Event. Nike nutzte die Energie von Off-White, um sich neu zu positionieren: nicht mehr nur Sportmarke, sondern kultureller Innovator.
Nach „The Ten“: Die Serie geht weiter
Der Erfolg von 2017 führte zu einer ganzen Welle weiterer Off-White × Nike Releases: neue Farbvarianten, Dunks, Zoom Flys, VaporMax und zuletzt der Air Jordan 4 Sail (2020), der sofort als moderner Klassiker gefeiert wurde. Jedes Release war mehr als ein Drop – es war ein Ereignis.






Das Vermächtnis
Nach Virgil Ablohs Tod im November 2021 wurde deutlich, dass die Nike × Off-White Kollabo mehr war als eine Reihe von Schuhen. Sie war der Blueprint für eine ganze Generation von Sneaker-Kollaborationen. Heute folgt nahezu jede Brand dem von Abloh gesetzten Standard: Dekonstruktion, Storytelling, Limitierung, kulturelle Aufladung.
Die Nike × Off-White Collabo steht damit im Geschichtsbuch der Streetwear gleich neben BAPE oder Supreme. Sie hat gezeigt, dass ein Sneaker nicht nur Schuh, sondern Zeitgeist sein kann – ein Symbol für Kreativität, Mut und die Kraft der Straße, die Haute Couture zu beeinflussen.